Harnsteine - Katzengefühle

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Harnsteine


Mittlerweile sind Harnsteine bei Katzen schon zur "Volkskrankheit" geworden. Sie gehören mit unter den Oberbegriff "FLUTD" ( Feline Lower Urinary Tract Diseases), Erkrankungen der unteren Harnwege bei Katzen.
Auch bei meiner Arbeit fällt vermehrt auf, dass sich das Vorkommen tendenziell deutlich erhöht. Somit lautet mein Rat besonders bei Unsauberkeit, vor Beginn einer Verhaltenstherapie, immer erst zum Tierarzt zu gehen um mögliche physische Ursachen auszuschließen.

Harnsteine bzw. Harnkristalle oder auch Harngries sind extremst schmerzhaft, die Symptome dabei vielfältig (Unsicherheit, Aggression, Apathie uvm.).

Die Entstehung ist häufig auf die Fütterung zurückzuführen. Studien belegen, dass Trockenfutter und das dadurch entstandene Flüssigkeitsdefizit, aber u.a. auch zu hoher pflanzlicher Anteil oder zu niedriger Proteingehalt im Futter die Entstehung stark beeinflussen. Ebenso kann aber auch die genetische Veranlagung ursächlich sein.

Die Diagnostik von Harnsteinen/-kristallen oder Gries ist unkompliziert. Durch Urinuntersuchung und Ultraschall erlangt man zeitnah Gewissheit. Doch mit der Diagnose geht es erst richtig los, denn die Behandlungsmöglichkeiten sind vielfältig.

Warum ich mich ganz klar gegen Spezialfutter bei Harnsteinproblematik ausspreche möchte ich im Folgenden näher erläutern.

Zu Beginn etwas grundsätzliches:
Es gibt verschiedene Arten von Harnsteinen, welche sich signifikant unterscheiden. Sie entstehen in völlig unterschiedlichem Milieu und werden komplett unterschiedlich behandelt. Ich werde mich in diesem Beitrag somit nur auf die beiden häufigsten Harnsteine beschränken- auf Struvit und Calciumoxalat.

Der Urin einer gesunden Katze sollte einen ph-Wert zwischen 6,2 und 6,8 aufweisen. Unter 6,2 entsteht Oxalat, über 6,8 bildet sich Struvit.
Nun zeigt sich eigentlich schon worin das Hauptproblem bei der Behandlung liegt- der ph-Wert muss wieder in den Normbereich gebracht und dort gehalten werden. Aber wie?!

Die Grundlage der gesamten Behandlung liegt in der Kontrolle des ph-Wertes.
Für eine gezielte Behandlung sind engmaschige Kontrollen, am besten täglich, nötig.
Deshalb sollte man beginnen den ph- Wert im Urin Zuhause selbst zu kontrollieren. Sehr gut geeignet sind sind dafür BlemaStrip Teststreifen oder Uralyt-U Indikatorpapier.
Das Messen ist nicht immer einfach und man muss manchmal wirklich kreativ werden. Es empfiehlt sich auf offene Katzentoiletten umzusteigen und diese in gut sichtbarer und erreichbarer Nähe aufzustellen.
Man wird relativ schnell feste Zeiten erkennen, an denen die Katze das Klo aufsucht und wann man messen kann.
Die Umsetzung ist individuell, bewährt hat sich hierbei das Auffangen des Urins mit einer ausrangierten Suppenkelle oder einem flachen Deckel die einfach untergehalten werden. Den Teststeifen direkt in den Urinstrahl zu halten wäre ebenfalls möglich.
Der beste Moment ist, wenn bereits begonnen wurde zu urinieren, währenddessen verlässt kaum ein Tier noch das Klo.
Es gibt aber auch spezielles Streu vom Tierarzt oder online, welches den Urin nicht aufsaugt (Katkor).
Anfangs sollte man jede Chance zum Messen nutzen um Routine und Sicherheit zu gewinnen. Die meisten Katzen gewöhnen sich sehr schnell an das Vorgehen und die Begleitung beim Toilettengang.
Wenn dies klappt, sollte man versuchen möglichst nüchternen Urin zu gewinnen, dies lässt sich mit angepassten Fütterungszeiten relativ gut steuern.

Nun hat man einen ph-Wert und die Behandlung kann beginnen.

Struvit entsteht bei einem ph über 6,8. Es lässt sich auflösen, wenn man den ph-Wert auf einen Wert unter 6,5 senkt indem man den Urin ansäuert.
Dies geschieht mit dem Wirkstoff Methionin. Die Darreichungsform ist z.B. möglich in Form von Methionin- Pulver oder Guardacid Tabletten.
Die Dosierung richtet sich immer nach dem aktuellen ph- Wert und muss individuell angepasst werden.
Der ph darf nicht unter 6,2 sinken und nicht über 6,8 steigen.
Sind die Harnsteine/-kristalle aufgelöst, bleiben regelmäßige ph- Kontrolle und ggf. gezieltes Ansäuern, um den ph- Wert im optimalen Bereich zu halten, ein Leben lang notwendig.

Oxalat entsteht bei einem ph unter 6,2. Dies hingegen kann man nicht auflösen und lässt sich leider ausschließlich operativ entfernen. Nur kleinste Kristalle lassen sich mit Glück rausspülen. Bei Katern ist aber auch eine Penisamputation keine Seltenheit und oft die letzte Rettung.
Um den ph-Wert nach der Behandlung zu erhöhen gibt es bisher kaum medizinische Möglichkeiten. Studien haben allerdings gezeigt, dass die Behandlung mit Vitamin B6, Futter mit etwas Gemüseanteil (z.B. Kürbis, Möhren) und mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt, den ph-Wert etwas anheben.

Nun dazu warum Urinary Futter so ungünstig sind.
Diesen Spezialfuttern ist der Wirkstoff Methionin bereits zugesetzt was bedeutet, dass der Urin angesäuert wird und sinkt.
Bei Oxalat wäre das somit absolut unerwünscht. Deshalb sollte Urinary Futter nur bei Struvit Anwendung finden und auch bei da kann es den ph- Wert zu stark senken und es könnten Oxalatsteine entstehen. Diese wären wie oben erwähnt nur operativ zu entfernen.
Auch bei Urinary Futter wäre regelmäßige ph- Kontrolle somit zwingend notwendig um kein Risiko auf Oxalat einzugehen.

Was tun wenn der ph zu tief sinkt? Anderes Futter füttern und immer zwischen den Futtern wechseln wäre da der einzige Weg, ist allerdings sehr umständlich.

Was tun wenn der ph noch immer zu hoch ist?
Der Katze gut zureden, damit sie mehr Futter und somit mehr Methionin aufnimmt ist wohl kaum möglich. Man kommt einfach nicht weiter. Die Wirkung des Spezialfutter hat auch Grenzen.

Besorgniserregend ist hierbei auch, dass in der Futtermittelbranche das Risiko auf Harnsteine durch Trockenfutterfütterung so bekannt ist, dass in vielen normalen Trockenfuttern bereits Methionin unter den Inhaltsstoffen aufgeführt ist, ohne als Urinary Futter beworben zu werden. Statistisch steigt seitdem die Anzahl der an Oxalat erkrankten Katzen signifikant. Das unbemerkte, permanenten Ansäuern "züchtet" so diese gefährlichen Harnsteine.

Zudem ist Spezialfutter häufig minderwertiger Qualität- zu geringer und schlecht deklarierter Fleischanteil, enthält häufig Getreide und Zucker.
In Mehrkatzen- Haushalten stellt einen Spezialfutter ebenso vor organisatorische Aufgaben, denn die gesunden Vierbeiner dürfen auf keinen Fall Spezialfutter fressen.
Aus all den nun genannten Gründen ist es deutlich gesünder und vor allem zielführender ausschließlich hochwertiges Nassfutter zu füttern, regelmäßig Zuhause den ph- Wert im Urin zu kontrollieren und gezielt zu behandeln.

Warum Tierärzte dennoch Spezialfutter empfehlen habe ich bereits in meinem Beitrag zu Spezialfutter thematisiert Link
Wenn Sie nun sehen wie umfassend und intensiv die Behandlung ist, wird auch verständlich warum diese Aufklärung so intensiv und ausführlich im Praxisalltag kaum zu realisieren ist.
Allerdings wählen glücklicherweise immer mehr Tierärzte, die sich intensiver mit artgerechter Katzenernährung beschäftigen, das obige Vorgehen und meiden Spezialfutter.
Da in den meisten Fällen eine Futterumstellung auf hochwertiges Nassfutter notwendig ist hier auch nochmal der Link zum Thema Futterumstellung Link



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